Es war das Jahr 1964, als der Film «Geld und Geist» nach dem Buch von Jeremias Gotthelf produziert wurde. Auf dem Emmentaler Liebiwyl-Hof gerät das Leben aus den Fugen, nachdem der besonnene Bauer sich zur Spekulation mit Mündelgeldern hat überreden lassen. Geld, Geiz und Raffgier stehen im Zentrum dieser Geschichte. Gotthelf hat schon damals ein Thema aufgegriffen, das uns Menschen herausfordert. Geld und Geist. Sicherheit und Verantwortung übernehmen.
Sicherheit einordnen können
Dass Geld uns in Sicherheit wiegen lässt, ist menschlich. Auch wenn es genau genommen nur bedrucktes Papier ist. Infrage stelle ich hingegen den Wert, den wir ihm letztendlich geben … Im Buch «Tanz unter den Sternen» vom deutschen Schriftsteller Titus Müller habe ich eine Geschichts-Variante über den Untergang der Titanic gelesen. Ein riesiger Luxusdampfer (zirka 270 Meter lang und 28 Meter breit) mit 3 Decks und 3 Klassen. Geld, Geiz, Raffgier und Armut gemeinsam auf einem Schiff.
In der ersten Klasse sind die reichsten, in der zweiten der Mittelstand und in der dritten Klasse die ärmsten Passagiere untergebracht.
Von Sehen und gesehen Werden bis hin zur Reise in eine unbekannte Welt, mit der Hoffnung auf einen Neuanfang. Die Titanic – ein Sinnbild für modernen Schiffsbau, zwar nicht das schnellste, aber eines der grössten Schiffe und Luxus pur.
Kein Klassenunterschied
Zerbrochen ist sie an einem Eisberg. An dessen Verborgenheit – und an menschlichem Fehlverhalten. Denn der Eisberg hätte früher gesehen werden können. Wenn nicht ein Offizier einen Schrankschlüssel in seiner Jackentasche mitgenommen hätte, als er kurz vor dem in-See-Stechen an Land abkommandiert wurde. Im Schrank eingeschlossen lagen die für diese Erkennung wichtigen Ferngläser. Mit Ferngläsern erkennt man mehr und vor allem früher. Ganze zwei Stunden vergingen, bis der Luxusdampfer sank. Hätten zwei Stunden nicht gereicht, um mehr von den 2‘200 Passagieren zu retten als nur 686? Es lag an vielen Dingen. An zu wenig Rettungsbooten. An einer Crew ohne jegliche Erfahrung mit so vielen Passagieren. An Männern, die sich Frauenkleider anzogen, um in die Rettungsboote zu kommen.
Und dann behandelt das Schicksal alle gleich … Kein Klassenunterschied. Geld als Reichtum – dieses menschliche Denken kennt die Natur nicht.
Und der Geist?
Wertvoll dank Gleichwertigkeit
Als Geist verstehe ich unseren Verstand und unsere inneren Einstellungen. Wie wir etwas bewerten und damit umgehen. Wie wir uns verhalten. Der Geist denkt nach. Auch über Lebensfragen. Über das Woher und Wohin. Über Gott. Vor Gott ist es wie vor der Natur: 1-Klassen-Gesellschaft. Alle Menschen sind gleich – gleich wertvoll. Das ist unser natürliches Schicksal. Und unsere Chance. Ohne Klassen erhöht die Chance, dass wir Wertvolles richtig einordnen. Sei es Mensch oder Geld. Beim Eisberg war es die Unsichtbarkeit, die zerstörte. Bei uns Menschen ist es nicht anders.
Innere Vorbehalte können zu äusseren Blockaden führen. Haben einen negativen Einfluss auf das Zusammenleben. Innere Freiheit hingegen lässt uns nach aussen mehr Spielraum.
Ermöglicht ein Denken im Sinn der Gemeinschaft. Von Mensch zu Mensch. Unterwegs auf einer Reise, auf ein Ziel zu, das uns so oder so gleichwertig macht. Geld und Geist – festhalten und loslassen.
© raeber-leben-blog.ch, 8.7.2015, überarbeitet am 12.5.2022/ar
Andreas Räber, GPI®-Coach, Wetzikon